Projections
Teresa Chen präsentiert mit ihren 'projections' ein faszinierendes ästhetisches Zusammenspiel von Schrift und glatter Haut. In ihren Werken erzielt die Künstlerin eine verführerische Verquickung von enigmatischer Handschrift mit skulpturalen Körpermassen. Dabei setzt sie, wie es für sie kennzeichnend ist, das sinnlich Schöne in ein Spannungsfeld mit dem Unergründlichen, Abgründigen, Abstossenden und Vergänglichen.
In ihrem neuen Werkzyklus zeigt Teresa Chen den exponierten Körper eines Mädchens. Auf die Körperoberfläche projiziert die Künstlerin Texte, die sich auf den ersten Blick reizvoll mit der zarten Haut verbinden. Den Bildern wohnt aber auch etwas Gewalttätiges inne. Gleichsam als Tattoo werden die gekritzelten, schwer entzifferbaren Texte dem kindlichen Körper eingeschrieben. Die schwarzen, satten Schriftzüge dominieren Körperteile flächendeckend, während die feineren, blutig-roten gar Hautritzungen evozieren.
Als Projektionsfläche konfrontiert das Kind die Mutter mit Fragen über Herkunft, Identität, sowie Sinn und Zweck des Lebens. In Textbändern, die je eine Arbeit bestimmen und eindringlich wiederholt werden, ist zu lesen: „Who am I? What am I? Who do you think I am?” / “Am I Swiss? Are you Swiss? Who is Swiss?” / “Swiss. Chinese. American. In-between. Hybrid. Mixed (....)“ / “The future belongs to me. I am the future. Is there a future?”
Die Künstlerin erzeugt eine Verdichtung von Text- und Bildebene, indem sie diese visuell und inhaltlich verschränkt. Mit der Projektion, dem „Einbrennen“ von Botschaften auf den nackten Körper, greift Chen die Thematik der Fremdbestimmung auf. Das beschriebene Gegenüber stimuliert aber auch zur Reflexion über die Frage, inwiefern die Identität einer Person durch deren „Haut“ bestimmt wird. Diese Frage versuchte Chen bereits in ihren früheren Werken zu beantworten und auch diesmal setzt sie beim Körper an.
Während Chen in früheren Arbeitszyklen Aufnahmen von Körperfragmenten fast zwingend in einer Bilderfolge zusammenstellte, sind ihre vierzehn „projections“, obgleich sie in einer Serie eingebunden sind, alle Einzelbilder. Die oft nur schwer erkennbaren Körperteile werden so nicht länger zu relativ abstrakten Bausteinen eines Bilderblocks. Mit der Zurücknahme des Abstraktionsgrads verstärkt die Künstlerin die inhaltliche Komponente der Werke. Dies belegt auch der kontrastreiche Einschluss von drei Bildern von verwelkten Blühten, mit denen Chen in der Ausstellung den Bogen vom Entstehen des Lebens bis zu dessen Vergehen spannt.